Zuversicht Woche 25: „Wer weiß!“

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Und als Jona anfing, in die Stadt hineinzugehen, und eine Tagereise weit gekommen war, predigte er und sprach: Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen. Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und riefen ein Fasten aus und zogen alle, Groß und Klein, den Sack zur Buße an. Und als das vor den König von Ninive kam, stand er auf von seinem Thron und legte seinen Purpur ab und hüllte sich in den Sack und setzte sich in die Asche und ließ ausrufen und sagen in Ninive als Befehl des Königs und seiner Gewaltigen: Es sollen weder Mensch noch Vieh, weder Rinder noch Schafe etwas zu sich nehmen, und man soll sie nicht weiden noch Wasser trinken lassen; und sie sollen sich in den Sack hüllen, Menschen und Vieh, und heftig zu Gott rufen. Und ein jeder kehre um von seinem bösen Wege und vom Frevel seiner Hände! Wer weiß, ob Gott nicht umkehrt und es ihn reut und er sich abwendet von seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben. Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie umkehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat's nicht.
Jona 3,4–10 (Hier gelesen von Helge Heynold)

Liebe Mitschwitzende,

die Unsicherheit wächst wieder. Menschen kehren aus dem Urlaub im Ausland zurück, die Schule beginnt in mehreren Bundesländern, die Infektionszahlen steigen. Einerseits versuchen wir, drastische Maßnahmen wie um die Osterzeit zu verhindern, gleichzeitig sind wir des Verzichtens müde. Das Durchhalten der Vorsicht fällt nicht zuletzt darum so schwer, weil es so aussichtslos erscheint. Wir warten nicht auf das Ende der Pandemie, sondern auf die nächste Welle. Alle Expertinnen und Experten sind sich einig, dass wir uns nicht in falscher Sicherheit wiegen dürfen. Einige Menschen tun das auch sicherlich, während andere es aufgegeben haben, die Unvorsichtigen zu ermahnen, denn es bringt ja ohnehin nichts.

Ich habe für diese Woche einen Bibeltext ausgesucht, in dem gleich zweimal Menschen etwas tun, von dem sie eigentlich überzeugt sind, dass es nichts bringt. Da ist zum einen der Prophet Jona. Er ist von Gott beauftragt worden, Menschen, die etwas falsch machen, das zu sagen. Allerdings geht es nicht um Kleinigkeiten wie einen Mund-Nasen-Schutz tatsächlich auch über die Nase zu ziehen. Was Jona tun soll, ist schon eher damit zu vergleichen, allein in einer Samstagnacht in Hamburg, Sankt Pauli den Leuten das Feiern verbieten zu sollen. Jona soll nach Ninive. Das ist die Hauptstadt der Assyrer, des mächtigsten Feindes Israels im 7. Jahrhundert vor Christus. Gott hat Jona befohlen, nach Ninive zu gehen, um ihnen anzukündigen, dass Gott beschlossen hat, ihre Stadt untergehen zu lassen, weil ihre Bosheit zum Himmel schreit. Jona fürchtet, dass ihn dieser Auftrag das Leben kosten wird, und man kann fragen, warum Jona der Stadt den Untergang überhaupt ankündigen und sich damit in Gefahr bringen soll, wenn das Ende Ninives ohnehin beschlossene Sache ist.

Jona verweigert sich darum zunächst und flieht per Schiff. Die Geschichte ist recht bekannt: Ein Sturm kommt auf, Jona identifiziert sich als Ursache für diesen Sturm, man wirft ihn über Bord, Gott schickt einen großen Fisch, der Jona verschluckt und nach drei Tagen wieder ausspuckt, und zwar an Land. Nun geht er schließlich doch in die Stadt und predigt, wie es in unserem Text heißt. Und nun geschieht zweifach Unerwartetes. Nicht nur, dass Jona am Leben gelassen wird, man hört auf ihn. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt bis hin zum König und den Tieren tun Buße. Und das tun sie, obwohl sie nicht wissen, ob es überhaupt etwas nützt. „Wer weiß“, sagt der König der Assyrer und fastet. Und Gott handelt ebenfalls unerwartet. Der Untergang mag beschlossen gewesen sein, nun tut es Gott leid, was er vorhatte. Die Stadt wird verschont. Man kann darum feststellen, dass es tatsächlich „etwas gebracht“ hat: Jonas Predigt und das Verhalten der Menschen in Ninive haben wider alle Erwartung und auch gegen alle Bequemlichkeit die drohende Katastrophe abgewendet.

Das bringt mich zu meiner neuen Wochenaufgabe für Sie: Beginnen Sie etwas, von dem Sie annehmen, dass es keinen Erfolg haben wird. Ähnlich wie bei der Pflanze, um die Sie sich vor ein paar Wochen gekümmert haben, suchen Sie sich etwas aus, das gerade eher welkt. Vielleicht nehmen Sie sich vor, ein Gespräch zu führen mit einem Menschen, bei dem Sie meinen, dass man mit ihm „in der Regel kein vernünftiges Wort sprechen kann“. Oder Sie versuchen, etwas zu lernen, das Sie bisher nie kapiert haben. Oder wie wäre es mit einem neuen Versuch, das Rauchen aufzugeben oder regelmäßig Sport zu machen? Sagen Sie einfach: „Wer weiß“, und fangen Sie an! Wenn Sie ohnehin nicht davon ausgehen, dass Sie Erfolg haben werden mit Ihrem Vorhaben, haben Sie nichts zu verlieren dabei. Bleiben Sie nur freundlich mit sich und anderen, falls es tatsächlich „nichts bringt“.

Ich wünsche Ihnen Sommerfreude und uns allen bald Abkühlung!

Ihr Frank Muchlinsky