Fastenmail 2: Meine Ängste

Aus den Reihen der Philister trat ein Kämpfer hervor. Er hieß Goliat und stammte aus der Stadt Gat. Er war weit über zwei Meter groß. Auf seinem Kopf trug er einen Helm aus Bronze und am Leib einen bronzenen Schuppenpanzer. Dessen Gewicht betrug fast 60 Kilogramm. Dazu trug er Beinschienen aus Bronze und ein bronzenes Sichelschwert. Bewaffnet war er außerdem mit einer Lanze … Ihre Spitze bestand aus reinem Eisen … Goliat stellte sich hin und rief den Schlachtreihen Israels zu: „Warum seid ihr hierhergekommen und habt euch zur Schlacht aufgestellt? Stehe ich hier nicht für die Philister? Ihr aber seid doch nur die Knechte Sauls! Sucht euch einen aus, der gegen mich antritt! … Dann schrie der Philister: „Ja, heute habe ich Israel lächerlich gemacht und seine Schlachtreihen verspottet. Denn ich habe gesagt: Schickt mir einen Mann! Wir wollen miteinander kämpfen.“ Das also waren die Worte des Philisters. Saul und ganz Israel konnten sie hören und bekamen schreckliche Angst.
1. Samuel 17,4‒11 in Auswahl (Übersetzung der Basisbibel)

Liebe Sonnenhungrige, Lichtscheue und alle dazwischen,

ich begrüße Sie zur zweiten Woche „Verzagtheit fasten“. In der letzten Woche haben wir in Ruhe das Licht angeschaut und Gutes gefunden. Heute geht der Blick auf das, was verzagen lässt. Wieder werfen wir dafür einen Blick in eine sehr bekannte Bibelgeschichte. Sie spielt in der Zeit, als das Volk Israel bereits im Land Kanaan lebt. Nicht nur das, Israel hat mittlerweile einen König. Er heißt Saul und ist laut Bibel schöner als alle Männer Israels und einen Kopf größer. Eine von Sauls Hauptaufgaben ist es, das Land gegen die Philister zu verteidigen, die sich wie Israel hier niederlassen wollen. Es kommt immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen, aber Saul und Israel haben sich bislang tapfer geschlagen.

Aber dann kommt der Tag der großen Verzagtheit. Goliat tritt auf. Ein Riese, eine Erscheinung, die alles hat, was man fürchten muss. Ich habe die Übersetzung der Basisbibel für den Text ausgesucht, weil sie freundlicherweise die biblischen Maßeinheiten übersetzt, so dass man sich besser vorstellen kann, was Goliat bedeutet. Weit über zwei Meter ist er groß, wirklich riesenhaft, vor allem weil er auch noch so kräftig ist. Er trägt einen Panzer, der allein 60 Kilogramm wiegt, dazu Beinschienen und Helm. Damit nicht genug, Goliat ist mit Waffen der neuesten Machart ausgerüstet. Seine Lanze hat eine Spitze, die nicht etwa aus Bronze ist, sondern aus Eisen. Viel härter, viel tödlicher! Allein der Anblick dieses Kämpfers könnte seine Gegner verzagen lassen, doch er beginnt auch noch zu reden: „Wozu seid ihr hier? Nur weil euer König es euch befohlen hat! Ihr seid nicht freiwillig hier, sondern als Sklaven! Regeln wir die Sache wie Männer! Schickt mir einen, der es mit mir aufnimmt! Was? Niemand? Ihr seid lächerlich!“ Die Reaktion Israels und ihres Königs kommt prompt: Verzagtheit!

Wie geschickt von Goliat! Er verunsichert durch Auftreten und Worte. Im für ihn besten Fall wird es nicht einmal zu einem Kampf kommen, weil sich seine Gegner lieber gleich unterwerfen, als zu riskieren, von ihm erschlagen zu werden. In jedem Fall aber sorgt sein Auftreten dafür, dass seine Gegner sich selbst infrage stellen: Ihre Kraft, ihre Fähigkeiten, ihre Motivation, ihre Männlichkeit. Ohne dass Goliath irgendetwas von seiner Kampfesstärke beweisen muss, werden seine Gegner zu Kaninchen, die die Schlange vor sich anstarren. Das gelingt Goliat nicht zuletzt dadurch, dass er mit Ängsten und Zweifeln spielt, die in den Israeliten sicherlich längst angelegt sind. Er kann davon ausgehen, dass sich jeder Mann, der in den Krieg zieht, fragt, wofür er das tut und ob dieser Grund es wert ist, dafür zu sterben. Durch sein Angebot eines Zweikampfes erhöht er außerdem den Einsatz um ein Vielfaches. Wer gegen ihn kämpft, riskiert nicht nur sein eigenes Leben, sondern hat zwangsläufig das Schicksal seines ganzen Volkes in der Hand.

So ist also ein ganzes Volk verzagt, und dieser Zustand dauert auch in der Geschichte länger an, denn Goliat kommt täglich wieder, stellt sich hin und verhöhnt die Israeliten, bis – aber das wissen Sie natürlich. Goliat wird besiegt. Ein Stein trifft ihn an der Stirn, und als er bereits tot am Boden liegt, wird ihm mit seinem eigenen Schwert der Kopf abgeschlagen. Sein Name aber bleibt im Gedächtnis. Der Sieg über Goliat wird sprichwörtlich. Doch wie gelang es seinem Bezwinger, die Verzagtheit zu überwinden? Nun, er verfügte über ein paar andere Vorteile in diesem Kampf.

David ist von Beruf Hirte, das heißt, dass er häufig auf sich allein gestellt ist im Kampf gegen wilde Tiere und andere Bedrohungen. Er verfügt zweitens über ein durchaus übersteigertes Selbstbewusstsein. Sein Auftreten kann man ohne Übertreibung als arrogant beschreiben. Drittens ist er geschickt im Umgang mit einer Fernwaffe. Und nicht zuletzt: Er ist nicht anwesend in dem Moment, als Goliat zum ersten Mal auftaucht. Er betritt die Szene erst später und kann sie darum anders betrachten. Weil er nicht zu den Soldaten gehört, kann er die Situation von außen anschauen: ein Riese, der sich hinstellt und die Schlachtreihen Israels verhöhnt. Aber Israel ist das Volk Gottes. Darum ist Davids Motivation nicht die, für seinen König in den Krieg zu ziehen. Er will gegen Goliat antreten, weil der seinen Gott beleidigt. Das mag man für einen guten Grund halten oder auch nicht, auf jeden Fall hat David eine Motivation, die Goliat nicht angreifen kann. Und so kommt es, dass David gegen ihn antritt. Ich möchte nicht von David lernen, zum Gotteskrieger zu werden. Ich möchte nicht sein unendliches Selbstvertrauen, aber ich möchte wie er mir Sachen „von außen“ anschauen können. Ich möchte Verzagtheit wahrnehmen und neue Motivation finden. Meine zweite Wochenaufgabe soll darum wieder eine Morgenaufgabe sein.

Bleiben Sie wieder bewusst etwas länger liegen! Machen Sie wieder Licht an, wenn es nicht bereits hell ist im Zimmer! Und dann überlegen Sie einmal, wovor Sie an diesem Morgen konkret Angst haben. Gibt es etwas, das Ihnen an diesem Tag Sorge bereitet, etwas, das ihnen eigentlich raten würde, lieber im Bett zu bleiben? Betrachten Sie diese Sorge ein wenig, und dann finden Sie eine Motivation aufzustehen! Etwas, das Sie an diesem Tag wirklich machen möchten. Versprechen Sie sich, dass Sie das tatsächlich tun werden und stehen Sie auf!

Ich wünsche Ihnen eine helle Woche!

Ihr Frank Muchlinsky

Außerdem möchte ich Sie einladen, mittwochs von 12:30 bis 13 Uhr an unserer Online-Andacht teilzunehmen. Wir treffen uns auf Zoom unter diesem Link. Kenncode: Leuchten